2017

DU MUSST DRAN GLAUBEN

Luther, Echter und Gerolzhofen
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    Im Jahr 2017 jährt sich zum 500. Mal die Reformation. Auch wenn dieses Datum für Deutschland und die evangelische Kirche insbesondere von herausragender Bedeutung ist, ist es doch keineswegs der einzige Jahrestag, den es zu feiern oder auf jeden Fall angemessen zu würdigen gilt.

    Vor 400 Jahren starb in Würzburg Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn. Er war wohl einer der prägendsten, mächtigsten und einflussreichsten (Fürst-)Bischöfe Würzburgs; Er verstand es, für eine Vielzahl von Bauten und Projekten Geld auszugeben und gleichzeitig so zu wirtschaften, dass am Ende seines Lebens das Bistum besser gestellt war als zu Beginn seiner Bischofszeit. Bis heute steht er allerdings auch für die kompromisslose Durchführung der Gegenreformation. Wer im fürstbischöflichen Gebiet lebte, musste katholisch sein! So blieb für viele, die sich dem evangelischen Glauben zugehörig fühlten, nur die Entscheidung: Bleiben und katholisch werden oder evangelisch bleiben und gehen. Echte Wahlfreiheit war dies für die meisten nicht – wohin hätten die Leute auch gehen sollen?

    Gehen oder bleiben? Was wie eine Frage des Glaubens aussah, war oft eine Frage des (Über-)Lebens.
    Mit dem gehörigen zeitlichen Abstand erscheint die Härte, mit der Glaubensfragen zu Beginn der Neuzeit in unseren Breiten ausgetragen wurden, fremd und oft auch unverständlich. Es wäre aber zu kurz gesprungen, dahinter immer nur reines Machtkalkül zu vermuten. Beide Seiten – die katholische wie die evangelische – waren von ihrer Position ehrlich überzeugt.
    Wie mit religiösen Überzeugungen umgehen? Diese Frage stellt sich bis heute, in einer völlig anderen Welt unter anderen Vorzeichen: Sie zu beantworten (oder es zumindest zu versuchen) ist Aufgabe jeder Religionsgemeinschaft, jeder Kirche, jedes Einzelnen.

    Die schönen Tage in Gerolzhofen sind nun zu Ende. So möchte man in Anlehnung an Friedrich Schillers Anfangszeile aus „Don Karlos“ sagen. Zehn Tage lang mutete die sonst so leere Stadt am Abend an wie ein großer Festspielort. Hunderte von erwartungsfrohen Menschen strömten schon lange vor Spielbeginn an den Aufführungsorten zusammen. Stunden später war klar: Das Ensemble des Kleinen Stadttheaters hatte alle Erwartungen erfüllt mit einer perfekten und professionellen Inszenierung eines Themas, das in der heutigen Zeit nicht unbedingt „in“ ist.

    Gewiss sind einige erst einmal nur wegen der Inszenierung und der besonderen Form des Wandeltheaters gekommen, nicht wegen des Themas. Aber auch sie wurden durch die Wucht der Szenen in das Geflecht von Macht, Glaube und Religiosität hineingezogen, ob sie wollten oder nicht.
    Wie sehr „Du musst dran glauben – Luther, Echter und Gerolzhofen“ die Menschen persönlich ansprach, war vor allem in den Pausengesprächen zu erkennen. „Ich habe das auch noch erlebt“, war oft zu hören, wenn es um den feindseligen Umgang von Katholiken und Protestanten bis vor wenigen Jahrzehnten ging.

    Die Menschen unterhielten sich über eine Sache, die sonst mehr und mehr aus dem Alltag verschwindet – die Religion. Sie erlebten, welche fürchterlichen Vorgänge im Namen der Religion geschehen können. Sie erlebten aber auch das positive Verständnis von Religion, das nicht von Ausgrenzung und Niedermachen des Andern, sondern von Barmherzigkeit und versöhnlicher Toleranz geprägt ist. Das aufgezeigt zu haben, ist wohl das größte immaterielle Verdienst des Kleinen Stadttheaters.